Palamós beschrieben von Josep Pla

Palamós und Josep Pla

Kurz bevor man mit dem Auto in Palamós ankommt, gleich hinter Palafrugell steht auf der linken Seite ein für Katalonien typisches mächtiges Steinbauernhaus. Dort lebte der bekannteste katalanische Schriftsteller, Josep Pla, nachdem er als Zeitungskorrespondent durch die ganze Welt gekommen war. 1897 in Palafrugell, knappe 10 km von Palamós entfernt geboren, hinterließ Josep Pla ein riesiges Lebenswerk und darin findet sich natürlich auch etwas über Palamós.

Es ist vor allem ein aufgeschlossenes Städtchen, und seinen besonderen Charakter verdankt es seiner Lage. Außergewöhnlich ist, dass sich die Stadt nach Westen ausrichtet. Ich kenne nur eine einzige andere Stadt ? Roses -, die in dieser Hinsicht vergleichbar ist. Dieser natürlichen Gegebenheit ist es zu verdanken, dass die Nachmittage, die Abende, die ersten Nachtstunden der Bucht von Palamós einen unvergesslichen Eindruck hinterlassen. Es gibt drei strategische Punkte, von denen aus man sich diesem Eindruck aussetzen sollte: da ist die kleine Erhebung des Leuchtturms, dann die Häuser des Pedró am Westhang, und schließlich die vor dem Casino gelegene Terrasse. Von allen ist mir dieser letzte Aussichtspunkt der liebste, denn er hat den Vorteil eines von menschlicher Tätigkeit belebten Vordergrunds: Der Hafen liegt vor uns mit seinen Küstenschiffern, seinen Fischerbooten, seinen Werften; diese kleine emsige und traditionsreiche Welt, von der uns der Wind des Meeres die Geräusche der Mole, den Geruch der über dem Feuer kochenden Teereimer und das Ächzen der Ketten der Schiffskräne herüberweht. Dahinter in einer eleganten, weit ausholenden Linie die Krümmung der Bucht, der Strandabschnitt zwischen Platja d?Aro und dem Kap von Sant Feliu, schließlich die Gavarres-Berge, die im Hintergrund in all ihrer Breite ? dicht mit Eichen bewachsen ? den Montseny verdecken, seine Allgegenwart jedoch nie völlig auszulöschen vermögen. In den Nachmittagsstunden verfällt diese großartige Landschaft dann in eine Folge langsamer Wandlungen und sich ablösender, seltsamer Spiele von Licht und Schatten.

Man sollte das schokoladenrippchenartige System beiseite lassen, das in der Neuzeit der kommerziellen und industriellen Ausweitung der Stadt längs des Strandes zugrunde lag und das alte Palamós aufspüren. Die Carrer Major, die von der Mole heraufkommt und sich über den Rücken des Hügels schlängelt, ist eine Straße mit kleinen Läden voller Farbe und Leben. Die Gassen in ost-westlicher Richtung schneiden die Carrer Major im rechten Winkel. Sie entstammen noch, wie auch in anderen Städten der Gegend, in Torroella zum Beispiel, römischer Stadtplanung.

Heute ist Palamós ein großes Fischereizentrum geworden und die alltägliche Auktion des Fangs in der neuen Fischhalle wird von den Liebhabern der guten Küche oft genutzt und hoch geschätzt. Es gibt wohl kaum etwas Angenehmeres im Leben, als sich auf einer dieser Auktionen einen ?rap? (Seeteufel) zu kaufen, ihn mit Kartoffeln zu kochen und dann mit einem Löffel Allioli und einem Liter guten Weins zu verspeisen. Und wer wie ich eine Schwäche für Rap mit Allioli hat und abends gern nach Westen blickt...

Josep Pla in Merian XXXII/C (Barcelona, Costa Brava)